2011 - Kunst aus der Zeit - Black Tie

Black tie

Theater

Eine Produktion von Rimini Apparat in Koproduktion mit Hebbel am Ufer Berlin und Theaterhaus Gessnerallee Zürich, in Kooperation mit den Wiener Festwochen.

Buch: Helgard Haug & Daniel Wetzel
Co-Autorin: Miriam Yung Min Stein

Inszenierung: Helgard Haug & Daniel Wetzel (Rimini Protokoll)
Mit: Miriam Yung Min Stein, Hye-Jin Choi und Ludwig

Rimini Protokoll Helgard Haug (*1969), Stefan Kaegi (*1972) und Daniel Wetzel (*1969) haben am Giessener Institut für Angewandte Theaterwissenschaft studiert und arbeiten in unterschiedlichen Konstellationen unter dem Label Rimini Protokoll. Sie gelten als die "Protagonisten und Begründer eines neuen Reality Trends auf den Bühnen" (Theater der Zeit), der die junge Theaterszene geprägt hat. Die Arbeiten finden in der bunten Zone zwischen Realität und Fiktion statt und haben international Aufmerksamkeit erregt. Seit 2000 entwickeln sie auf der Bühne und im Stadtraum ihr Experten-Theater, das nicht Laien sondern Experten des Alltags ins Zentrum stellt. Seit 2002 wurden die Projekte des Labels mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Die Produktionen sind zu Gast auf Bühnen und Festivals auf der ganzen Welt. Im November 2007 erhielten Haug, Kaegi, Wetzel einen Sonderpreis des Deutschen Theaterpreises DER FAUST, im April 2008 wurde ihnen in Thessaloniki der Europäische Theaterpreis in der Kategorie Neue Realitäten verliehen.

Für die Zeit vor dem ersten Dokument hat sie von der Adoptionsvermittlungsstelle nur die mythische Information: "Du wurdest in Südkorea 1977 in einer Schachtel gefunden, umhüllt von Zeitungspapier." Für Black Tie spuckt Miriam Yung Min Stein in ein Röhrchen der Firma 23andMe, macht einen Backenabstrich mit dem "genom-collector" der Firma DeCODEme und wartet auf die Teilsequenzierungen ihres Genoms durch die beiden Marktführer. Einer der beiden empfängt sie auf der Webseite, die ihre genetischen Daten preisgeben, mit dem Slogan „welcome to you“. Der eigene „Bauplan“, eine Biografe? Wie erzählt man die eigene Geschichte, wenn wie im Fall Steins ihre Aufzeichnung erst mit der Ankunft auf einem deutschen Flughafen beginnen kann?

Black Tie kreist um das schwarze Loch der Herkunft, um die befremdlich-beredte Hilfsindustrie der jungen Humangenetik und das Befremden zwischen Umwelt und Identität: in Osnabrück hineinzuwachsen in einen Körper, der koreanisch wirkt, der ein ganzes Land, einen Krieg, eine andere Kultur wie in einer verschlossenen Kapsel mit sich herumträgt, unbekannt, sprachlos.

Nach Stücken, wie dem Ersten Band von Marx' KAPITAL und den BREAKING NEWS der Abendnachrichten richteten Helgard Haug und Daniel Wetzel den Blick auf die Schriftsätze eines Lebens. Nachdem die Freunde von Kunst aus der Zeit von der Aufführung in Berlin zutiefst berührt waren, haben wir uns entschieden, diese 2008 entstandene Produktion auch in Bregenz zu zeigen.